Die kommunale Wasserversorgung steht vor vier zentralen Herausforderungen. Thüga unterstützt Partnerunternehmen bei der strategischen Positionierung im Geschäftsfeld Wasser. So sollen Versorgung, Qualität und Wirtschaftlichkeit gesichert werden.

Betrieb und Instandhaltung der Wasserversorgung kosten viel Geld. Doch eine Reihe von Einflussfaktoren erschwert die Bestimmung der echten Kosten. Christian Beßer vom Thüga-Kompetenzteam Vertrieb & Marketing: „Rohre funktionieren teilweise hundert Jahre und mehr. Wir reden also über Investitionszyklen, die drei Generationen überspannen können. Da geht leicht das Bewusstsein für die notwendigen Sanierungs- oder Erneuerungsarbeiten verloren.“ Außerdem sei der Wasserpreis mehr noch als der für Gas und Strom ein politisches Thema. „Um im Bereich Wasser nachhaltig wirtschaften zu können, brauchen die Unternehmen – vielleicht mehr als in anderen Bereichen – eine klare Vision, auf deren Basis sie ihre Entscheidungen treffen und ihre Strategie entwickeln können“, sagt Dr. Arne Geiger, Leiter des Kompetenzteams Vertrieb & Marketing. Es sind vor allem vier Herausforderungen, die die Wasserversorger im Blick haben müssen und für die sie sich strategisch und finanziell wappnen müssen.

#1: Sanierung der Wassernetze

„Wassernetze entstehen typischerweise über lange Zeiträume hinweg“, sagt Dr. Kerstin Grass aus dem Kompetenzteam Netzstrategie bei der Thüga. „Einzelne Abschnitte werden historisch zum jeweiligen Stand der Technik und mit dem jeweils verfügbaren Material gebaut. Entsprechend müssen sie unterschiedlich oft repariert oder erneuert werden.“ Während eine Graugussleitung, die vor dem Zweiten Weltkrieg verlegt wurde, noch heute intakt sein kann, kommen einige Installationen aus der Nachkriegszeit, in der man umfänglich zugebaut habe, inzwischen an ihre  Leistungsgrenze. „Wenn sich ein Wasserversorger auf eine Erneuerungsquote von vielleicht zwei Kilometern Rohrleitung pro Jahr eingespielt hat, kann es zu finanziellen Problemen führen, wenn ungeplant ein Vielfaches davon ausgewechselt werden müsste, um die Netzqualität zu erhalten. Wenn größere Behälter oder ganze Anlagen betroffen sind, entsteht kurzfristig ein hoher Finanzbedarf“, so Grass.

#2: Zusätzlicher Stress im System

Angst müsse man sich um die Wasserversorgung in Deutschland definitiv nicht machen, sagt Dr. Geiger: „Wir nutzen bislang nur einen Bruchteil der verfügbaren Trinkwasserressourcen. Aber auch der Wasserkreislauf unterliegt einer gewissen Dynamik. Es gibt Partnerunternehmen, bei denen sich die Niederschlagsmenge im Lauf der Jahre messbar verringert hat.“ Die existierenden Brunnen bringen dann nicht mehr den geplanten Ertrag. Man muss in die Infrastruktur investieren, Wasser eventuell stärker zukaufen. Dr. Grass ergänzt: „Extremwettersituationen und ein sich veränderndes Verbraucherverhalten bringen zusätzlich Stress ins System. Den müssen die Versorger bei ihrer Netz-Planung ebenfalls berücksichtigen.“

#3: Urbanisierung und demografischer Wandel

Gemeinden wachsen durch Zuzug oder verlieren Menschen, die abwandern. Die Wasserversorger begleiten diese Fluktuation mit Aus- und Rückbau von Netzbereichen. Nimmt der Trend zur Urbanisierung Fahrt auf, muss das Wasser in Ballungsräumen immer längere Strecken zurücklegen, um diese zu versorgen. „Das bringt höhere Kosten mit sich“, sagt Beßer. Die sich verändernde Demografie hat weitere Folgen: „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Mit ihnen verlieren die Unternehmen jede Menge Erfahrung und Know-how“, beschreibt Beßer den drohenden Mangel an Arbeitskräften. „Selbst, wenn wir nur von einer Lücke von zehn Prozent ausgehen, droht ein großer Kompetenzverlust, dem die Unternehmen unter anderem mit einer strategischen und langfristigen Personalplanung begegnen sollten.“

#4: Strenge Vorgaben des Gesetzgebers

Die Qualität der Wasserversorgung in Deutschland ist auch wegen der strengen Vorgaben des Gesetzgebers so hoch. Hier spielt das geforderte Ausbildungsniveau der Fachkräfte in diesem Bereich eine Rolle. Ihre regelmäßige Fortbildung kostet Geld. „Zusätzlich macht die Analytik Fortschritte“, sagt Beßer. „Heute werden EUweit neue Grenzwerte diskutiert, die vor wenigen Jahren noch gar nicht im Blick waren.“ Überdüngte Böden, Reste von Insektiziden, Mikroplastik,  Arzneimittelrückstände: Das sind Themen, die in den nächsten Jahren zu einer stärkeren Überwachung des Trinkwassers, umfangreichen Veröffentlichungspflichten und möglicherweise zu einer technisch aufwendigeren Aufbereitung für die Wasserversorger führen – deren Aufwand steigt.

Projekt zur strategischen Positionierung

„Um diesen Herausforderungen systematisch zu begegnen, hat die Thüga 2021 zusammen mit mehreren Partnerunternehmen ein Projekt zur  strategischen Positionierung im Geschäftsfeld Wasser durchgeführt“, sagt Dr. Geiger. „Ziel war es, ein Angebot zu erarbeiten, mit dem die Thüga die Partnerunternehmen bei der Bewältigung der Herausforderungen tatkräftig unterstützen kann.“ Seit Ende 2021 steht das Paket und wurde zusammen mit den Partnern auf operative Umsetzbarkeit hin überprüft.

Beratung in vier Modulen

Das gesamte Beratungsangebot besteht aus vier Modulen: Zukunftsfähigkeit, Wasserpreis, operative Effizienz und Asset Management. Beßer: „Mit Modul 1 gehen wir eine überschlägige Einordnung der aktuellen Situation an. Wir betrachten Fragen zur Situation bei Infrastruktur, Ressourcen, Versorgung, Qualität. Dabei verstehen wir uns als Sparringspartner für das jeweilige Partnerunternehmen. Gemeinsam spielen wir unterschiedliche Szenarien durch und erörtern die Möglichkeiten bei Innovations- und Personal-Management.“

Kostendeckung als Basis

Die Antworten auf die oben beschriebenen Herausforderungen sind vielschichtig. Aber eine auskömmliche Finanzierung der Wassernetze ist die Basis. Martin Gehringer vom Kompetenzteam Vertrieb & Marketing: „Wasserpreise sollten so gestaltet sein, dass sie die Kosten für den laufenden Betrieb sowie die Mehrbelastung aus den künftigen Investitionen abdecken.“ Das ist alles  andere als eine Selbstverständlichkeit. „Eine 90-prozentige Deckung, wie sie einzelne Betriebe erreichen, ist langfristig nicht nachhaltig.“ Die Gewinn-Verlust-Rechnung auf eine schwarze Null hin zu prüfen, reicht laut Gehringer nicht aus. „Eine echte Substanzerhaltung erreichen die Unternehmen nur, wenn sie ihre Infrastruktur weitgehend lückenlos erfassen und Anlagen, Leitungen, Hochbehälter sowie Messeinrichtungen mit Wiederanschaffungskosten kalkulieren.“ Auch eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist einzurechnen, um es langfristig in der Wasserversorgung zu binden. Die Thüga kann hierbei substanziell weiterhelfen und so die echten Kosten zutage fördern.

Nachvollziehbare Preiserhöhungen

Bei der Durchsetzung eventuell erforderlicher höherer Preise sei
Fingerspitzengefühl gefragt, so Beßer. Baupreise, Bruttolöhne oder die Kosten für Erdbauarbeiten sind in den letzten Jahren deutlich schneller gestiegen als die Wasserpreise. „Letztlich müssen diese Kosten durch höhere Wasserpreise an die Kunden weitergeben werden. Der  durchschnittliche Preis für einen Liter Trinkwasser aus der Leitung liegt heute bei rund 0,0025 Euro, der Preis für Mineralwasser aus dem Supermarkt bei 0,19 Euro und mehr“, sagt Beßer. Es hat sich schon mehrfach bestätigt, dass eine Kommunikation, die die Verbraucher richtig abholt und Preiserhöhungen nachvollziehbar begründet, vieles möglich macht, was man jahrelang vermieden hat.

Operative Effizienz und Investitionen

Die Module 3 und 4 beschäftigen sich mit möglichen Effizienzgewinnen
im operativen Geschäft und bei den weiteren Investitionen in die Netzinfrastruktur. Dr. Geiger: „Wir sprechen mit vielen Partnerunternehmen und führen die einzelnen Lösungen in unserem
Daten- und Ideenpool zusammen, aus dem sich unser Partnerunternehmen
bedienen und ihre eigenen Lösungen maßschneidern können.“ Außerdem liegt es auf der Hand, dass Netz-Expertinnen wie Dr. Kerstin Grass, die schon zahlreiche Netzplanungen gesehen und geprüft haben, auf andere Ideen kommen als die Kolleg:innen eines Wasserversorgers, die ihre Planung in großen Zeiträumen einmalig anpassen müssen.

Breites Spektrum möglicher Lösungen

Auch die Digitalisierung kann helfen – „sei es durch Plattformlösungen für Abrechnungsverfahren, sei es durch die Errichtung eines digitalen Zwillings des realen Wassernetzes“, weiß Beßer. Zurzeit gibt es spannende innovative Ansätze, beispielsweise, dass künstliche Intelligenz die erhobenen Daten zu den realen  Durchflussmengen durchkämmt, um Leckagen ausfindig zu machen oder Investitionsvorschläge zu berechnen. „Das Spektrum möglicher Lösungen ist sehr breit und fällt für Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung unterschiedlich aus. Manchmal lässt sich auch schon mit einem wohlformulierten Kundenbrief zur richtigen Zeit das gewünschte Ziel erreichen.“ Die konkreten Maßnahmen sollte man im Rahmen der vier Thüga-Module diskutieren.