Die EU-Verordnung zur Minderung von Methan-Emissionen im Energiesektor wird voraussichtlich im Juni 2024 in Kraft treten. Was Gasnetzbetreiber dann beachten müssen und wie sie sich jetzt schon vorbereiten können.

Wer von einer Dekarbonisierung der Netze spricht, kommt an Regeln zum Schutz gegen ungewollte Emissionen von Methan nicht vorbei. Denn Methan (CH4) gehört zu den Treibhausgasen und ist um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2. Lange wurde gerungen, jetzt liegt die EU-Verordnung weitgehend ausformuliert vor. Stark involviert bei der Ausgestaltung der Verordnung in Brüssel war Eva Hennig, Leiterin Energiepolitik Europa bei der Thüga: „Die Details der Verordnung stehen. Für Verteilnetzbetreiber sind drei Artikel besonders relevant.“

  • Artikel 12 Überwachung und Berichterstattung,
  • Artikel 14 Lecksuche und Reparatur und
  • Artikel 15 Beschränkungen des Ablassens und Abfackelns.

Der wichtigste Schritt ist jetzt, im Unternehmen eine Person zu benennen, die sich einen Überblick verschafft und die Umsetzung der Regeln vorantreibt. Die EU-Verordnung umfasst 120 Seiten und viele weitere Details. Um diese zu überblicken, stehen die Thüga-Fachleute gern beratend zur Seite.

Bedarf an zusätzlichen Prüfkapazitäten

Die Netze müssen regelmäßig auf Leckagen überprüft werden. „Dabei hängen die Zyklen von Netzkomponente und Material ab und unterscheiden sich von den heutigen Zyklen nach DVGW-Regelwerk“, erklärt Jakob Brendli vom Thüga-Kompetenzcenter Netze. In den ersten zwölf Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung müssen 100 Prozent der Netze überprüft werden. Arbeiten aus den letzten beiden Jahren werden dabei angerechnet. „Komplett neu ist, dass neben dem Aufspüren von Leckstellen auch die Leckagemengen im Netz bestimmt werden müssen und darüber jährlich Berichterstattung an die Behörde erfolgen muss.“ Hennig und Brendli gehen davon aus, dass es bei Thüga-Partnerunternehmen einen großen Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten für die Lecksuche geben wird. Brendli: „Wir bereiten für die Thüga-Gruppe Verträge mit Dienstleistern vor, sowohl zur fahrzeuggestützten Gasrohrnetzüberprüfung als auch für Leckagemessungen an Gasanlagen.“

Valide und nachverfolgbare Daten

Jeder Gasnetzbetreiber hat ein Betriebsmittelinformationssystem (BMIS), das mit allen Netzdaten ausgestattet sein sollte. Wer hier gut aufgestellt ist, kann sehr schnell die Prüfzyklen auf Basis der Angaben zu Komponente, Druckstufe und Material bestimmen. Hennig: „Die Leckagemengenbestimmung und die Herleitung der Daten für die Berichterstattung werden jährlich auditiert.“ Die zu benennende verantwortliche Person muss also nicht nur sicherstellen, dass die BMIS-Daten valide sind, sondern auch ein System schaffen, über das sämtliche Daten für die Berichterstattung nachgehalten werden und das zukünftigen Auditoren vorgelegt werden kann.

Schnelle Reparatur von Leckagen

Gefundene Leckagen müssen ab einem definierten Grenzwert schnell repariert werden und die Leckmenge bestimmt werden. Brendli: „Der erste Reparaturversuch ist innerhalb der ersten fünf Tage zu leisten. Nach spätestens 30 Tagen muss das Leck geschlossen sein.“ Reparaturen sind zu dokumentieren, Verzögerungen sind der Behörde zu melden. Auch die Mengenbestimmung bei allen Baggerschäden ist neu. Dafür empfiehlt es sich, Fotos mit den Maßen des Lecks zu machen. Zukünftig müssen außerdem Anlagen und Netze unabhängig davon, ob Leckagen gefunden wurden oder nicht, vermessen werden. Hennig „Zum Glück sind drei Verteilnetzbetreiber der Thüga-Gruppe schon seit drei Jahren bei OGMP, dem Oil & Gas Methane Partnership, dabei. Die Erfahrungen sind jetzt viel wert.“

Ablassen verboten

Zusammen mit der Verordnung kommt auch das Ablassverbot. „Wer Druckleitungen für Wartungsarbeiten zu entspannen hat, muss Restmengen mindestens abfackeln, besser noch absaugen und wiedereinspeisen“, sagt Hennig. Für Gasdruckregel-Messanlagen gibt es schon konkrete Ideen, wie man zukünftig bei Funktionsprüfung und Wartung Emissionen noch weiter reduzieren kann. Die neue Verordnung enthält auch eine Art Whistle-Blower-Paragraph: Anwohner und Passanten sind aufgerufen, entweichendes Erdgas zu melden „Es ist also auch zu überlegen, ob die Unternehmen ihren Montageteams eine Sprachregelung mit an die Hand geben, um beunruhigten Anwohnern angemessen zu begegnen“, regt Brendli an. Das wird umso wichtiger, da Baustellen mit brennender Fackel Passanten mehr auffallen dürften als bisher ohne Fackeleinsatz.