Der Wärmesektor steht vor einer gigantischen Transformation: Derzeit werden rund 17 Prozent des Bedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt – bis 2030 sollen es 50 Prozent sein. Mit Blick auf die Klimaschutzziele stehen wichtige Investitionsentscheidungen an.

Die Kommunale Wärmeplanung (KWP) soll die Wärmewende voranbringen: Alle technisch möglichen, verfügbaren erneuerbaren Wärmequellen müssen schnell und gleichberechtigt genutzt werden. Ein Rahmengesetz für die KWP soll vom Bund 2023 verabschiedet werden, in Kraft treten und innerhalb von drei Jahren auf Landesebene vollzogen werden. Dann werden Kommunen, Gebäudeeigentümer und Unternehmen verpflichtet sein, die Maßnahmen bis 2045 umzusetzen.

Energie- und Einsparpotenziale

„Die KWP wird das zentrale Instrument“, so Alexander Hellmann, Leiter des Thüga-Kompetenzteams Erzeugung. „Es ist die Karte, auf der erneuerbare Wärmeversorgungslösungen in jedem Gebiet identifiziert sind.“ So wird transparent, welche Energie- und auch Einsparpotenziale vorhanden sind, wie sie gehoben werden können. Zum Beispiel Aufbau oder Verdichtung einer klimaneutralen Nah- und Fernwärmeversorgung, Gasnetz, das auf Wasserstoff umgestellt werden kann, oder dezentrale Lösungen wie Solarthermie und Wärmepumpen. Je nach Gegebenheiten gibt es mehr oder weniger Optionen für klimaneutrale Wärme. Mit der KWP soll die Umsetzung der Wärmewende verbindlich werden für Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Stadtwerke, aber auch für Bürger:innen und Kund:innen, die Wärme abnehmen.

Schnittstelle und Impulsgeber

Die Verpflichtung soll in unterschiedlichen zeitlichen Stufen für Kommunen ab 10.000 Einwohner:innen gelten. Das sind rund 1.200 in Deutschland. Weitere signalisieren freiwillig die Bereitschaft zur Erstellung einer KWP. Das betrifft Kommunen in den Versorgungsgebieten aller Partnerunternehmen der Thüga. Diese können und sollten ihre wertvolle Expertise in die KWP einbringen. Andreas Hinz vom Thüga-Kompetenzteam Netzstrategie: „Wir sensibilisieren die Ansprechpartner der Kommunen und der Stadtwerke: Geht aufeinander zu!“ Die Wärmewende schafft keiner allein. Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Wärme müssen für alle Beteiligten klimafreundlich, bezahlbar und verlässlich sein.

Vierstufiger Prozess

Die KWP ist als vierstufiger Prozess angelegt. 1. Analyse des Status quo bei Erzeugung, Verteilung und Verbrauch. 2. Identifikation zur Verbrauchsreduktion und der Potenziale von erneuerbaren Energiequellen. 3. Entwicklung eines Zielszenarios für die klimaneutrale Wärmeversorgung in kartografischer Darstellung anhand von Vorranggebieten – etwa für Fernwärme, Wärmepumpen oder die Gasinfrastruktur. 4. Steuerung der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen. Die Thüga unterstützt ihre Partnerunternehmen dabei, sich mit Versorgungs- und Asset-Strategien auf die KWP vorzubereiten, sie bei Bedarf mit Dienstleistern zu gestalten und Maßnahmen umzusetzen.

Drehen an vielen Stellschrauben

Luftaufnahme Heizzentrale Solardorf Liggeringen; Foto: AdobeStock

Laut Umweltministerium Baden-Württemberg ein „Ort voller Energie“: Solarenergiedorf Liggeringen/Radolfzell

Das Rahmengesetz zur KWP soll von weiteren Maßnahmen flankiert und verzahnt werden: In Diskussion sind Anpassungen des Konzessionsrechts oder des Baugesetzbuches sowie Anreize über Fördersysteme für Maßnahmen der KWP wie die Begrünung von Fernwärmesystemen, aber auch Malus-Regelungen für Lösungen, die nicht KWP-konform sind. Auf Bundesebene wird zudem eine Systementwicklungs-Strategie verankert: Hier erarbeiten Bund, Ministerien und Industrieverbände gemeinsam unter anderem eine Import-Strategie für Wasserstoff. Prozesse auf unterschiedlichen Ebenen müssen synchronisiert werden. Die Partnerunternehmen der Thüga sind in Aufbruchstimmung. Joachim Kania, Prokurist Vertriebsleitung bei den Stadtwerken Radolfzell: „Vorhandene Infrastrukturen weiter nutzen und dort, wo es Sinn macht, neue Wege gehen. Wir nehmen die Kommunen an die Hand und zeigen, wie die Wärmewende wirtschaftlich machbar ist.“ Im Versorgungsgebiet der Stadtwerke Radolfzell gibt es bereits Solarthermie, ein Holzhackschnitzelwerk und ein Bioenergiedorf.