„Wir verdreifachen die Geschwindigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien“, erklärte Robert Habeck, Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister im sogenannten Osterpaket. „Die erneuerbaren Energien liegen künftig im öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“ Im Interview erläutert Thomas Walther, Geschäftsführer der Thüga Erneuerbare Energien (THEE), wie die Praxis bei der Umsetzung von EE-Projekten aussieht.

Herr Walther, hat sich für die Thüga Erneuerbare Energien seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs etwas verändert?
Es hat sich gar nicht so viel verändert, denn bereits seit letztem Herbst erleben wir ein gestiegenes Interesse der Unternehmen aus der Thüga-Gruppe, die mit uns gemeinsam EE-Projekte vor Ort umsetzen wollen. 90 Prozent davon sind Solarprojekte. Die Geschäftsführer erzählen, dass sie ganz konkret von ihren Bürgermeistern angesprochen werden.

Erleben Sie Engpässe im Markt?
Besonders heikel sieht die Situation bei den Umspannwerken aus, die wir neuerdings auch mit beschaffen müssen: Die Lieferzeit beträgt zwei Jahre, zudem sind die Preise drastisch in die Höhe gegangen. Im Windbereich haben sich Kabel, Beton für die Basis und die Windkraftanlagen selbst um 20 bis 25 Prozent verteuert. Bei Solaranlagen sieht es nicht anders aus: Module, Wechselrichter, der Stahl für die Unterkonstruktion, Kabel – bei allen Komponenten geht der Preis nach oben. Frachtraten verteuern sich, Produkte, die aus Fernost kommen, werden häufig nicht ausgeliefert, weil Häfen wegen Corona geschlossen sind oder Personal in Quarantäne ist.

Wie bewerten Sie die politischen Rahmenbedingungen? Was läuft gut, was fehlt noch?
Das Osterpaket hat schon einiges für uns gebracht, besonders in Sachen Natur- und Umweltschutz. Projekte, die wir on hold gestellt haben, beispielsweise wegen des Schutzes eines einzigen Vogels, können wir teilweise reaktivieren und ins Genehmigungsverfahren bringen. Im Windbereich bleibt es schwierig, mit den Preissteigerungen umzugehen, weil über das Auktionsverfahren der Preis für den erzeugten Strom nach oben gedeckelt ist und künftig sogar sinken soll. Aber in Berlin hat man erkannt, dass wir da in eine Falle laufen, wenn wir diese Projekte aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisieren können. Wenn wir tatsächlich wieder genügend Genehmigungen erhalten, ist die BNetzA ermächtigt, den Höchstpreis nach oben anzupassen. Das hat das Bundeswirtschaftsministerium gut im Blick – damit die Umsetzung im Windbereich nicht schon wieder durch eine neue Hürde blockiert wird.

„Deutschland braucht mehr Energie-Selbstbestimmung. Die erreichen wir nur über den Ausbau der Erneuerbaren“, sagt THEE-Geschäftsführer Thomas Walther.

Rasch und massiv: Robert Habeck macht klare Ansagen zum Ausbau der Erneuerbaren. Ist er zu ambitioniert?
Megawattzahlen lassen sich heute einfacher erreichen: Früher haben wir mit unseren Anlagen drei Megawatt Leistung generiert, heute sind es 7,2 Megawatt. Sie kriegen also mit einer Anlage mehr als die doppelte Leistung hin als früher. Diese Verbesserung bringt eindeutig was! Der Krieg in der Ukraine beschert der Branche allerdings neue Sorgen im Hinblick auf Flächennutzung für Windkraftanlagen. Tiefflugkorridore, militärisches Radar und Flugplätze bekommen jetzt ein anderes Gewicht. Vor dem 24. Februar hofften wir, dass die Belange der Bundeswehr an Flächen zurückgestellt werden, um nicht den Ausbau der Windenergie zu behindern. Jetzt ist die Situation eine andere und wir müssen beobachten, wie sich das Thema weiterentwickelt. Ehrlich gesagt wohnen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits muss Deutschland wehrhaft bleiben, andererseits braucht es mehr Energie-Selbstbestimmung. Die erreichen wir nur über den Ausbau der Erneuerbaren.

Erwarten Sie künftig aufgrund der veränderten politischen Lage weniger Gegenwind von Bürgerinitiativen?
Ich würde das gerne bejahen, bin aber skeptisch. Wir haben ein Windparkprojekt, da werden solch abstruse und persönliche Gründe zum Widerstand angeführt, dass die weltpolitische Situation leider gar keine Rolle spielt.

Trotzdem bleibt der rasche und massive Ausbau der Erneuerbaren das klare Ziel?
Kein Weg führt daran vorbei.