Ein Gespräch mit Dr. Alexander Miehr über Ziele und Herausforderungen des gemeinsamen Einkaufs. Miehr ist seit einem halben Jahr Leiter des Thüga-Kompetenzteams Einkauf.

Herr Dr. Miehr, welche Bedeutung hat der Einkauf bei Thüga?
Der Einkauf ist neben der Regulierung einer der Bereiche, in dem der Wert des Unternehmens klar monetär unterstützt wird: Das Ergebnis kann in harten Euro gemessen werden. Unsere Arbeit hat also einen direkten Einfluss auf die wirtschaftliche Performance – sowohl bei den Partnerunternehmen als auch bei Thüga.

Dr. Alexander Miehr im Interview.

Wie definieren Sie persönlich Ihre Rolle als Leiter des Einkaufs?
Mir ist es wichtig, dass wir uns intensiv um Lieferanten kümmern, die jeweiligen Märkte und die Rahmenbedingungen der Partnerunternehmen verstehen, um einen realen Mehrwert zu erzeugen. Unser Ziel ist nicht die reine Bedarfskonsolidierung, sondern eine stimmige Gesamtlösung anzubieten. Wenn wir nicht wirklich verstanden haben, was die Partnerunternehmen brauchen, dann passt die Lösung vielleicht nicht zum Problem.

Was erwarten die Partnerunternehmen vom Thüga-Einkauf?
Viele Geschäftsführer erwarten von uns eine regelmäßige Vor-Ort-Präsenz, auch außerhalb von Verhandlungen, damit wir ihre Rahmenbedingungen und Anforderungen verstehen. Nur so können wir die Probleme nachvollziehen, mit denen die Unternehmen täglich zu kämpfen haben. Es macht keinen Sinn, als Thüga-Einkauf nur alle drei Jahre bei einer Verhandlung mit Dienstleistern für ein paar Stunden vor Ort zu erscheinen. So entsteht kein persönlicher Kontakt, so wächst kein Vertrauen oder gegenseitiges Verständnis.

Wie entstehen die Synergien für die Partnerunternehmen?
Meine Philosophie ist es, ein komplettes Paket aus Technik, kommerziellen Aspekten, Qualität und Logistik anzubieten. Synergien entstehen, wenn das Gesamtpaket stimmt. Nur auf Teilbereiche zu schauen, schafft vielleicht punktuelle Vorteile, bringt aber nicht das Gesamtergebnis, das ich anstrebe. Ein Beispiel: Ich kaufe mir das billigste T-Shirt für zwei Euro, aber die Qualität ist schlecht und ich ziehe es nicht an. Bei Kabeln, die unter einer Straße verlegt werden, spielen die Qualität der Produkte und die Zuverlässigkeit der Lieferanten eine außerordentlich wichtige Rolle. Die Straße kann weder monatelang offen gelassen noch nach einem halben Jahr erneut aufgerissen werden.

Wie arbeitet der Einkauf mit den Partnerunternehmen zusammen?
Wir wissen, wann die Rahmenverträge auslaufen und nehmen zeitnah Kontakt zu den betroffenen Partnerunternehmen auf. Es gilt, die lokalen Schwerpunkte der nächsten Jahre zu verstehen, mit den Entwicklungen im Markt seit der letzten Ausschreibung abzugleichen und die nächste Ausschreibung vorzubereiten. Im Idealfall besprechen wir mit Vertretern vor Ort oder in den Scourcing-Teams vor der tatsächlichen Verhandlung die Strategie, die wir verfolgen wollen.

Und welche Rolle spielen die Partnerunternehmen selbst bei der Beschaffung und der Organisation?
Eine wichtige! Zum einen sind sie beim Beschaffungsprozess selbst involviert, zum anderen sind sie ja der Kunde, um den sich alles dreht. Sie sind in Sourcing-Teams wie auch in technischen Arbeitskreisen vertreten, teilweise selbst im Lead, um die Expertenmeinung aus erster Hand in den Beschaffungsprozess einfließen zu lassen.

Entsteht da Konkurrenz zwischen Thüga und ihren Partnerunternehmen?
Konkurrenz? Nein. Der Vorteil der Sourcing-Teams ist, dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt. So entsteht ein konstruktiver Dialog für die beste Lösung. Sonst gibt es zehn bis 20 Optima, aber keine Gesamtlösung für die Gruppe. In Einzelfällen können Materialien lokal vielleicht etwas billiger beschafft werden, aber davon haben die anderen Partnerunternehmen nichts. Das Credo muss also sein: Jeder profitiert vom anderen. So entstehen die Skaleneffekte, die sonst vor allem für die kleineren Stadtwerke unerreichbar wären. Und klar: Jedes Unternehmen hat die Tendenz, Dinge aus der eigenen Perspektive zu sehen und zu bewerten.

Nutzen alle Partnerunternehmen die Synergien?
Über 60 Partner nutzen das Standardleistungsverzeichnis für Tiefbau- und Montagedienstleistungen. Bei den Mandaten sind es an die 90, bei den prominenten Lead-Buyer-Themen wie Fuhrpark praktisch alle. Es gibt schon noch Potenzial, auf den Vorteil einer Teilnahme in der Beschaffung für die Gruppe zu setzen. Die Übergabe von kritischen Themen an einen zentralen Einkauf, wie zum Beispiel die Beschaffung des Netzmaterials, ist natürlich sehr emotionsbeladen, da die Folgen eines nicht zufriedenstellenden Vertragsabschlusses direkt auf die Stadtwerke vor Ort zurückfallen.

Die Prognose für das Kerngeschäft der Partnerunternehmen für die kommenden beiden Jahren ist ja nicht so gut. Welche Möglichkeiten hat der Einkauf, hier zu unterstützen?
Ich versuche gemeinsam mit dem Finanzbereich und der Regulierung, einen systematischen Ansatz für die einzelnen Basisjahre zu entwickeln und die jeweils bestmögliche Strategie zu erarbeiten. Hier gilt es, unterschiedliche Aspekte auszubalancieren: Wann schließe ich welche Verträge neu ab? Wann verlängere ich bestehende Verträge? Welche Laufzeiten und Preiskurven werden vereinbart? Möglichst schnell möglichst günstig kann sich mittel- und langfristig als nicht zielführend erweisen. Gerade gehen wir Themen wie die Instandhaltung von Windkraftanlagen verstärkt an, die schon im Jahr 2021 die Gruppe unterstützen.

Stimmen aus der Thüga-Gruppe

Veit Sengeboden, technischer Geschäftsführer, Stadtwerke Ilmenau:

„Die Thüga bringt für uns in den Verhandlungen vor Ort viel Kompetenz ein. Das kommt auch bei unseren Lieferanten und Dienstleistern gut an. Wir als kleines Stadtwerk profitieren sehr von den Erfahrungen der Einkaufsprofis und der gesamten Thüga-Gruppe, die aktuelle Entwicklungen am Markt immer im Blick haben.“

Kerstin Beel, Materialwirtschaft, EVI Energieversorgung Hildesheim:

„Wir haben gerade gemeinsam mit Jens Appenzeller von der Thüga die Rahmenvereinbarungen für die Dienstleistungen im Rohrleitungs- und Tiefbau für 2021 bis 2024 abgeschlossen. Seit einigen Jahren ist er unser fester Partner im Thüga-Einkauf. Diese Konstanz in der Betreuung ist ein riesiger Vorteil. Unter anderem dadurch hat sich in den letzten Jahren ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Dienstleistern vor Ort herausgebildet. Am Ende steht ein Verhandlungsergebnis, mit dem auch die Dienstleister zufrieden sind. Und zufriedene Dienstleister arbeiten besser! Konstanz beim Ansprechpartner seitens Thüga bedeutet für uns außerdem, dass wir uns als Stadtwerk mit all unseren Besonderheiten wahrgenommen fühlen. Und noch ein Aspekt: Als Einkäufer profitieren wir sehr von der Spannweite der Thüga.“

Georg Wember, Geschäftsführer, Energieversorgung Sylt:

„Seit 2003 arbeiten wir mit dem Thüga-Standardleistungsverzeichnis. Seitdem ist es essenzieller Bestandteil für sämtliche Rohrleitungs- und Haus­anschlussarbeiten. Neben einer komfortablen Handhabung profitieren wir in hohem Maße vom Service der Thüga für den gesamten Ausschreibungs- und Vergabeprozess. Das erleichtert unsere Arbeit erheblich.“

Alf Borsch, Geschäftsführer, Energienetze Rudolstadt:

„Für uns als kleines Unternehmen ist der Thüga-Einkauf mit seinem fachtechnischen und kaufmännischen Know-how ein großer Gewinn. Wenn ich zum Beispiel an das Thema Compliance denke: Die Thüga-Experten sorgen hier für eine hundertprozentig neutrale Vergabe der Leistungen – und wir sparen jede Menge Zeit und Aufwand.“