Die optimale Ausschöpfung des regulatorischen Rahmens ist für Stadtwerke, die wirtschaftlich erfolgreich sein wollen, elementar. Dafür müssen im Basisjahr die Weichen gestellt werden. Da die Basisjahre der 5. Regulierungsperiode unmittelbar bevorstehen, müssen bereits jetzt die organisatorischen Voraussetzungen im Unternehmen geschaffen werden.

Getreu dem Motto „Nach dem Basisjahr ist vor dem Basisjahr“ befinden wir uns 2024 bereits im Vor-Basisjahr Gas, die regulatorische Zeitschiene im Strom beginnt ein Jahr später. Die Kostenbasis und Kapitalstruktur des Basisjahres und des Vor-Basisjahres sind entscheidend für die zugestandenen Erlöse, die Netzbetreiber in der kommenden Regulierungsperiode vereinnahmen dürfen.

Einfluss auf Erlöse aus Netzentgelten

Die Praxis zeigt, dass sich Stadtwerke, die sich im Basisjahr gut aufgestellt haben, eine bessere wirtschaftliche Ausgangssituation verschaffen. Denn ihre regulierten Umsatzerlöse aus Netzentgelten sind höher. Mit steigender Kostenbasis gehen aber nicht
per se steigende Erlöse einher. Die Regulierungsbehörden prüfen die Kosten nach bestimmten Kriterien. Dabei behalten sie sich Kürzungen vor und bescheiden den Netzbetreibern abschließend eine Erlösobergrenze. Diese bestimmt maßgeblich die Netznutzungsentgelte, die der Netzbetreiber vom Anschlussnehmer in der nachstehenden Regulierungsperiode vereinnahmen darf. Sie enthält alle Kosten der Netzinfrastruktur und stellt eine Komponente des Gas- beziehungsweise Strompreises dar.

Nutzung regulatorischer Gestaltungsspielräume

Aufgrund des natürlichen Monopols sind die Erlöse der Netzsparte klar reguliert. Doch auch in diesem vermeintlich festen Rahmen haben Netzbetreiber viele Einflussmöglichkeiten, ihr Netzergebnis durch strategische Kniffe gezielt zu verbessern. Auch gilt es, in den Basisjahren Fehler zu vermeiden, um ein gutes Netzergebnis nicht unnötigerweise zunichtezumachen. So können Einsparungen in der Netzsparte zum falschen Zeitpunkt – Stichwort Basisjahre – kontraproduktiv sein, da sie grundsätzlich die Kostenbasis und somit das Ausgangsniveau für die Erlösobergrenze reduzieren. Auch bewirkt eine ungünstige Kapitalstruktur im Tätigkeitsabschluss der Netzsparte, aus dem der theoretische Gewinn für den Netzbetrieb in Form der Eigenkapitalverzinsung abgeleitet wird, dass wirtschaftliches Potenzial nicht ausgeschöpft werden kann.

Langfristige Auswirkungen

Umso wichtiger ist es, sich intensiv auf die anstehenden Basisjahre und die anschließende Kostenprüfung vorzubereiten. Deren Auswirkungen ziehen sich schließlich langfristig durch die darauffolgende fünfjährige Regulierungsperiode. Vereinfacht gesagt, kann sich die einmalige Anstrengung gleich fünfmal positiv im Ergebnis auszahlen, Patzer hingegen ziehen sich durch jedes Jahr der fünfjährigen Regulierungsperiode. Die regulatorischen Stellschrauben der Optimierung nicht zu nutzen, würde somit den Ergebnisdruck der Netzbetreiber in der kommenden Regulierungsperiode verschärfen. Ihr Ziel sollte es daher sein, ihre Kosten möglichst umfangreich anerkannt zu bekommen. Die Erfahrung zeigt, dass
regulatorisches Know-how in den Regulierungsabteilungen der Stadtwerke überwiegend vorhanden ist. Auch die Prüfungssystematik und kürzungsgefährdete Aspekte der behördenseitigen Kostenprüfung sind in der Regel bekannt. Dennoch können viele
Potenziale im Unternehmen nicht genutzt werden, da erfolgreiches Regulierungsmanagement stark von der Zusammenarbeit und Umsetzung mit anderen Bereichen abhängt.

Commitment der obersten Führungskräfte

Der Regulierungsmanager hat oft nicht die erforderliche Weisungsbefugnis, um hierfür die organisatorischen Voraussetzungen im Unternehmen zu schaffen. Ganz elementar ist, dass die obersten Führungskräfte hinter dem Projekt der Optimierung der Basisjahre stehen und eine gute und regelmäßige Kommunikation mit den Schnittstellenfunktionen und Entscheidungsträgern stattfindet. Der Prozess der regulatorischen Optimierung sollte fortlaufend, idealerweise auch über die Basisjahre hinaus konstant gelebt werden. Daher bietet Thüga eine Schulungsreihe speziell für Führungskräfte an.

Bedarf an Ersatz- und Zusatzpersonal

Die regulatorischen Vorgaben werden komplexer, und auch quantitativ müssen Mitarbeitende im Bereich der Regulierung die Vielzahl an neuen Festlegungen und Verordnungen fristgerecht umsetzen. Sie zeichnen sich durch tiefes Fachwissen aus und haben oft langjährige Erfahrungen in diesem Bereich. Umso schwieriger wird es, gerade im Hinblick auf die demografische Altersstruktur in vielen Stadtwerken und den damit verbundenen absehbaren Ruhestandseintritt erfahrener Kolleg:innen, geeignetes Personal zu finden. Oft wird dies durch regionale Gegebenheiten erschwert, auch die Einarbeitung ist teils sehr zeitintensiv. Das Thema Personalbedarfsanalyse sollte in der Netzsparte unmittelbar angegangen werden, um die damit verbundenen Personalkosten bereits im

Vor-Basisjahr und Basisjahr in den Jahresabschlüssen der Netzsparte abbilden zu können. Auf dieser Grundlage können dann die Personalkosten in den jährlichen Erlösobergrenzen der nächsten Regulierungsperiode berücksichtigt werden. Dabei kann auch eine Parallelbesetzung neuer Mitarbeitender mit künftigen Ruheständlern sinnvoll sein. Für dieses Vorhaben sollten die benötigten Vorlaufzeiten nicht unterschätzt werden. Es ist daher sinnvoll, mit der Analyse des künftigen Personalbedarfs den Stellenfreigabeprozess
in den Gremien und den Einstellungsprozess frühzeitig, idealerweise jetzt zu beginnen.

Regulierungsrahmen auf dem Prüfstand

Weil sich auch der künftige Regulierungsrahmen verändern wird, ist ein gleiches Verständnis über die grundlegenden regulatorischen Stellschrauben umso wichtiger. Das derzeitige Marktumfeld stellt geänderte Anforderungen an das Regulierungssystem – für die Bundesnetzagentur (BNetzA) ein Anlass, den aktuellen Rahmen auf den Prüfstand zu stellen. Die BNetzA hat den Netzbetreibern signalisiert, die Branche in diesen Prozess einzubinden. Wir werden dies als Thüga und Thüga-Gruppe nutzen, um bei der Ausgestaltung aktiv mitzuwirken – und damit für die Energiewende die richtigen Rahmenbedingungen sicherstellen.