Für eine zuverlässige, bezahlbare und zunehmend klimaneutrale Wärmeversorgung spielt Fernwärme eine Schlüsselrolle. Damit die Transformation hin zu Netto-Null CO2-Emissionen in der Fernwärme bis 2045 gelingen kann, fordern die Thüga und Stadtwerke des Thüga-Verbunds, die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen kurzfristig anzupassen. In einem Positionspapier präsentieren sie Lösungsvorschläge in vier Handlungsfeldern.

Laut Koalitionsvertrag soll der Anteil klimaneutral erzeugter Wärme bis 2030 auf 50 Prozent steigen. Der Umbau der Wärmeversorgung ist damit eine der zentralen Herausforderungen bei der Klima- und Energiewende. „In fast allen größeren Städten in Deutschland sind leistungsfähige Fernwärmesysteme in Betrieb. Durch den Austausch fossiler Energieträger und die Erschließung neuer Wärmequellen kann Fernwärme einen wesentlichen Beitrag zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung leisten”, sagt Michael Riechel, Vorsitzender des Vorstands der Thüga Aktiengesellschaft. „Allerdings passen die aktuellen Rahmenbedingungen für die Fernwärme noch nicht zu den politisch formulierten Zielen. Es besteht dringender Handlungsbedarf.“ Thüga bringt daher ein Positionspapier mit konkreten Lösungsvorschlägen in die Debatte für das sogenannte Oster- und Sommerpaket der Bundesregierung ein.

Vorrang für Kraft-Wärme-Kopplung und Power-to-Heat

Um die Stromversorgung in Deutschland mit zukünftig mehr als 80 Prozent erneuerbaren Energien zu sichern, sind zusätzlich etwa 40 Gigawatt an wasserstofftauglichen, flexiblen Kraftwerken für Dunkelflauten erforderlich. Es ist energetisch und technisch effizient, mindestens die Hälfte dieser Kraftwerke als flexible Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) zu realisieren. Dies kann zügig umgesetzt werden, indem zum einen die Ausschreibungsvolumina aufgestockt und zum anderen die spezifischen Fördersätze erhöht werden.

Mit Blick auf die CO2-Ziele der Bundesregierung und den Ausbau erneuerbarer Energien ist es volkswirtschaftlich und klimapolitisch sinnvoll, der KWK-Erzeugung dauerhaft Vorrang zu geben. Dies kann daran geknüpft werden, dass am Standort einer KWK-Anlage auch eine Power-to-Heat-Anlage und ein Wärmespeicher betrieben werden. Solche Systeme können große Mengen von Überschussstrom einfach und kostengünstig aufnehmen und Strom dann liefern, wenn die Nachfrage am höchsten ist. Sie leisten in doppelter Hinsicht einen Beitrag für die Versorgungssicherheit im Strom- und Wärmebereich.

Koordiniertes Vorgehen bei kommunaler Wärmeplanung

Eine zuverlässige, bezahlbare und zunehmend klimaneutrale Wärmeversorgung ist nur dann möglich, wenn die Kommunen die Potentiale vor Ort bestmöglich erschließen können. Für die kommunale Wärmeplanung bedarf es deshalb klar definierter Leitplanken seitens der Politik. Nur so können die entsprechenden Pläne zielführend erstellt und in der Umsetzung stärker finanziell unterstützt werden.

„Die Kommunen benötigen einen politisch formulierten Handlungsauftrag, um gemeinsam mit dem lokalen Energieversorger, den betroffenen Bürger:innen und weiteren Partnern ihre kommunale Wärmeplanung zu erstellen und umzusetzen“, sagt Michael Riechel. „Alle Technologien, die einen Beitrag zur CO2-Minderung leisten, müssen ebenso wie der Energieträger Wasserstoff zugelassen sein. Jede Art von Einschränkung auf Bundes- oder Landesebene führt dazu, dass CO2-Minderungspotentiale vor Ort nicht optimal ausgeschöpft werden können.“ 

Gezieltere Förderung der grünen Wärmeerzeugung

Mit dem Bundesförderprogramm Effiziente Wärmenetze (BEW) hat die Bundesregierung ein Instrument entwickelt, das die Transformation der Fernwärme systematisch unterstützt. Dieses Instrument muss schnellstmöglich in Kraft treten. Der aktuelle Entwurf des BEW reicht jedoch nicht aus, um die Transformation und den Ausbau der Fernwärme entsprechend den bundespolitischen Zielen umzusetzen.

Der Förderzeitraum für Fernwärme sollte auf mindestens zehn Jahre verlängert werden. Dadurch entsteht Planungssicherheit für langfristige Investitionsentscheidungen, die notwendige Voraussetzung für die Etablierung hocheffizienter und erneuerbarer Wärmenetzsysteme sind. Das Gesamtbudget des BEW sollte bis 2025 schrittweise auf drei Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden. Diese Anpassung stellt sicher, dass der politisch gewollte Ausbau der Fernwärme bei gleichzeitiger Transformation hin zu erneuerbarer Wärme auch tatsächlich erfolgt.

Gebäude leichter an Fernwärme anschließen

Damit Fernwärme in vollem Umfang zur CO2-Minderung im Gebäudebestand beitragen und sich im Neubaubereich zu möglichst günstigen und sozialverträglichen Preisen entfalten kann, müssen potenzielle Kunden im Versorgungsgebiet auch Zugang zur Fernwärme haben. Die administrativen Hürden, um Gebäude an das Fernwärmenetz anzuschließen, müssen daher von der Politik abgebaut werden.

Im reinen Kostenvergleich mit Einzelheizungen hat die Fernwärmeversorgung bislang oft einen Nachteil, weil hier im Sinne des Mieterschutzes keine Vergleichbarkeit gegeben ist. Auf Grund der CO2-Bepreisung müssen Fernwärmekunden verglichen mit Nutzern einer dezentralen Einzelheizung zurzeit etwa das Dreifache für CO2 bezahlen. Diese systembedingte Wettbewerbsverzerrung führt d­­­azu, dass in einem Fernwärme-Versorgungsgebiet oft weniger effiziente Einzelheizungen mit höheren CO2-Emissionen verbaut werden. Daher sollte Fernwärme aus dem Anwendungsbereich der Wärmelieferverordnung herausgenommen und dauerhaft als zulässige Ersatzmaßnahme im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert werden.

Gemeinsame Überzeugung: CO2-Emissionen reduzieren

Am Thüga-Positionspapier zur Transformation der Fernwärme haben 14 Energie- und Wasserversorger aus dem Thüga-Verbund, die mehrheitlich in kommunaler Hand sind, mitgewirkt. Gemeinsam betreiben die Unternehmen rund 1800 Kilometer Fernwärme-Netze und liefern rund 8 Terrawattstunden Wärme. Diese Wärmemenge würde ausreichen, um etwa 1,2 Millionen Wohnungen zu versorgen. Sie stellen außerdem 1,5 Gigawatt an gesicherter Leistung für die Stromversorgung bereit. Ihre Herausforderung ist es, die Wärmeversorgung gleichzeitig bezahlbar und sozialverträglich zu gestalten, die gesellschaftlich-politischen Ziele zur CO2-Minderung zu erreichen und den Wirtschaftlichkeitsvorgaben der mehrheitlich kommunalen Anteilseigner zu genügen.

„Alle am Positionspapier mitwirkenden Unternehmen arbeiten jeden Tag daran, die CO2-Emissionen der gelieferten Wärme im Rahmen der lokalen Gegebenheiten und der politischen Rahmenbedingungen zu reduzieren“, erläutert Dr. Christian Friebe, von der Stabsstelle Energiepolitik bei der Thüga Aktiengesellschaft und Initiator des Positionspapiers. „Mit dem Papier möchten wir als konstruktiver Diskussionspartner der Politik aufzeigen, welches Maßnahmenbündel für die Transformation der Fernwärme erforderlich ist.“

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