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Anfang 2024 eröffnete die Bundesnetzagentur die Diskussion mit der Branche. Seitdem gab es zahlreiche und intensive Gespräche zum NEST-Prozess – „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert“. Das ist der Stand der Dinge.
Breits Seit diesem Jahr können Netzbetreiber verkürzte kalkulatorische Nutzungsdauern gemäß der Festlegung KANU 2.0 anwenden, um ihre Gasnetzinfrastruktur vorzeitig abzuschreiben. Viele haben das auch bereits in der Entgeltbildung für das Jahr 2025 getan. Einige Netzbetreiber ziehen noch nach, da der zeitliche Vorlauf erheblich ist – geht es doch um die Auswahl sachgerechter Abschreibungsmodalitäten in Abwägung zur weiteren Nutzung der verschiedenen Netzstränge.
„Auch im Laufe dieses Jahres erwarten wir zahlreiche weitere Festlegungsentwürfe beim NEST-Prozess“, sagt Yvonne Hartmann, Regulierungsexpertin bei Thüga. Besonders umfassend sind die Regelungen zur Festlegung des Regulierungsrahmens (RAMEN) sowie der Ermittlung des Ausgangsniveaus (NEF). „Der neue Regulierungsrahmen nimmt konkrete Formen an“, so Hartmann weiter. „Denn es ist absehbar, wie die verschiedensten Kostenarten regulatorisch behandelt werden. Leider auch, dass massive wirtschaftliche Verschlechterungen auf die Netzbetreiber zukommen.“
Mit Beginn der sechsten Regulierungsperiode ab 2033 plant die Bundesnetzagentur, diese von fünf auf drei Jahre zu verkürzen – sofern sich die bis dahin geplanten Vereinfachungen etablieren. „Der Zeitverzug zwischen Kostenanfall und Abbildung im Erlöspfad verkürzt sich dadurch allerdings nur um zwei Jahre. Bisher sind das aufgrund des Budgetprinzips des Basisjahres bis zu sieben Jahre“, erklärt Hartmann. Auch müssten bei einem kürzeren Zeitraum Ineffizienzen schneller abgebaut werden. „Das Kernproblem der Kostenaufwüchse nach dem Basisjahr wird derzeit ebenfalls heiß diskutiert“, so die Regulierungsexpertin weiter. „Derzeit spitzt es sich aufgrund der steigenden Kosten für die Energiewende zu. Es gehört zu den wenigen positiven Aspekten, dass die BNetzA diesen Punkt nach Jahren endlich aufgegriffen hat.“ Die BNetzA fragt daher momentan Kostendaten ab, um den Anstieg im Strom zu verifizieren. Somit können diese gegebenenfalls schneller im Erlöspfad abgebildet werden. Auf der anderen Seite können sich für bestimmte Kostenarten Nachteile ergeben, da die BNetzA plant, diese in den Effizienzvergleich einzubeziehen. Außerdem gilt für manche dieser Kostenarten dann das Budgetprinzip des Basisjahres anstelle einer jährlichen Anpassung. Das Basisjahr ist daher weiterhin elementar für die Ermittlung der OPEX-Budgets in der Regulierungsperiode: Wer sich hier gut aufstellt, hat es nach wie vor einfacher, ein gutes Netzergebnis zu erzielen.
Die Bundesnetzagentur muss den Regulierungsrahmen bürokratisch und methodisch weiter stark vereinfachen, um Netzbetreiber und Regulierungsbehörden bei einer verkürzten Regulierungsperiode zu entlasten. Ein Beispiel ist die Ermittlung der Verzinsung im Netz: So löst die WACC*-Methodik – eine pauschalierte Kapitalkostenbestimmung – die bisherige individuelle Kapitalstruktur der kalkulatorischen Bilanz ab. Die Branche begrüßt dieses vereinfachte Verfahren grundsätzlich, da sie Netzbetreiber entlastet. Denn damit entfällt die Notwendigkeit zeitaufwendiger regulatorischer Optimierungen einzelner Bilanzpositionen. Unabhängig von der neuen Systematik sind hinsichtlich einer auskömmlichen Verzinsung folgende Parameter maßgeblich: die pauschalierte Eigenkapitalquote und die kalkulatorische Verzinsung. Deren Methodik ist jedoch erst in einer späteren Festlegung durch die BNetzA zu erwarten. Eine abschließende Bewertung, ob sich die neue Regulierungssystematik insgesamt wirtschaftlich lohnt, steht und fällt mit diesen Parametern. Hier ist ein Umdenken der BNetzA gegenüber dem zuletzt angewandten Verfahren dringend erforderlich, um den Fortgang der Energiewende nicht zu gefährden.
Insgesamt lässt sich schon jetzt absehen, welche Veränderungen der neue Regulierungsrahmen mit sich bringt. Parallel zum Konsultationsprozess passt das Thüga-Kompetenzteam Regulierung daher bereits erste Tools und Unterstützungsangebote NEST-konform an. Diese Transparenz und das Know-How um die Stellschrauben im neuen Regulierungsrahmen sind jetzt elementar. Eile ist deshalb geboten, da das Basisjahr Gas längst begonnen hat und das Basisjahr Strom unmittelbar bevorsteht. Darüber hinaus ist für den Frühsommer die Konsultation über eine Weiterentwicklung der Netzentgelt-Systematik im Strom angekündigt. Im Gasverteilnetzbereich werden Vorschläge zu einer Transformationsregulierung dringend erwartet – es bleibt daher spannend.
„Noch ein grundsätzlicher Appell an alle Netzbetreiber: Wer im Netz gute Ergebnisse erzielen will, muss zuerst die organisatorischen Voraussetzungen im Unternehmen schaffen“, betont Hartmann. Und so sicherstellen, dass Regulierungsmanagement ein abteilungsübergreifender Prozess ist, der das Commitment der obersten Führungsebene trägt.
*weighted cost of capital = gewichtete Kapitalkosten