Von der Beschaffung über die Aufbereitung und Verteilung bis zur Preiskalkulation: Hinter der Wasserversorgung einer Stadt steckt eine komplexe Maschinerie, die höchste Anforderungen an Technik und Management stellt. Ein Besuch in Pforzheim. 

„Herzlich willkommen!“ Ulrich Waibel drückt mir kräftig die Hand. Der Maschinenbauingenieur ist seit 30 Jahren bei den Stadtwerken Pforzheim (SWP) und Betriebsleiter der Gas- und Wasserversorgung. Er zeigt auf den Ziegelbau links: „Das ist das alte Wasserwerk von 1899. Rechts ist unsere hochtechnologische Wasseraufbereitungsanlage, die wir vor fünf Jahren eingeweiht haben.“ Ich schaue auf ein modernes Gebäude aus rostigem Stahl. „Beides zusammen ist das Wasserwerk Friedrichsberg.“ Waibel öffnet die große, sichtbar schwere Tür zu einer zwölf Meter hohen Pumpenhalle, fast so groß wie ein Einfamilienhaus. Der Boden ist gefliest. „Hier standen früher die Dampfmaschinen“, sagt Waibel laut in das beständige Dröhnen von Maschinen. „An einem heißen Sommertag pumpen wir über zwei Transportleitungen elf Millionen Liter Wasser nach Pforzheim; in der Stunde 480 Kubikmeter – als würden zwölf 40-Tonner stündlich in die Stadt fahren.“ 

Fernüberwachtes Wasserwerk 

In der folgenden Halle ist es noch lauter. „Das ist die alte Wasseraufbereitungsanlage von 1980“, schreit Waibel. Wohin ich schaue, winden sich unterschiedlich dicke Rohre auf allen Ebenen durch die Halle. „Wo ist das Personal?“, will ich wissen und zeige auf eine kleine, unbesetzte Leitwarte. „Läuft alles vollautomatisch“, ruft er und steigt eine lange Treppe hinauf, bis wir in eine ruhigere, blau schimmernde Wasserkammer gelangen. „Sie enthält 5.000 Kubikmeter. Eine vierköpfige Familie könnte davon 22,8 Jahre leben“, so die Einordnung. „Für die 130.000 Pforzheimer würde es aber gerade mal einen halben Tag reichen.“ 

Reich an Wasserquellen 

Die Stadt an der Enz darf sich glücklich schätzen: Neben Bodenseewasser bezieht sie Wasser aus eigenen Enzauebrunnen und weiteren Quellen der Region. Dazu hat ihr Trinkwasser eine hervorragende Qualität, das aufgrund der modernen Aufbereitungsanlage den optimalen deutschen Härtegrad 8 °dH aufweist. Neben zwei Wassermeistern kümmern sich fünf Fachkräfte für Wasserversorgung darum, dass die komplexe Maschinerie hinter der Aufbereitungsanlage und der Verteilung des Wassers an 365 Tagen im Jahr funktioniert. „Das Wasser fließt durch Transportleitungen in die Stadt. Dort verästeln sie sich in die Verteilnetze“, erklärt Waibel. 

Alt bedeutet nicht schlecht 

Das ist das Stichwort, nach der wasserwirtschaftlichen Strategie der SWP zu fragen. Waibel lächelt, denn sie hat sich in den letzten Jahren gut aufgestellt: Zum einen sind es die Erneuerungsmaßnahmen in Verteilnetz. „Hier spielt vor allem das Material der Rohre die Hauptrolle“, erklärt er. „Wir haben Rohre von 1872 in Betrieb, die voll in Ordnung sind, während duktile Gussrohre, die zwischen 1965 und 1973 verbaut wurden, stark korrodieren und sukzessiv ausgetauscht werden.“ Mit dem Wechsel – jährlich 1.500 Meter – will die SWP auch die Wasserverluste reduzieren, mit denen jeder Wasserversorger zu kämpfen hat und die sich direkt auf die Wirtschaftlichkeit auswirken.  

Tief und schattig verbaute Rohre 

Zum anderen beeinflussen die Folgen des Klimawandels die Strategie. „Wir müssen neu denken“, sagt Waibel. Vor allem anhaltende Hitzetage im Sommer führen zu einer Erwärmung des Wassers in den Rohren. Bei über 25 Grad sei die Hygiene in Gefahr. „Dazu wollen wir es nicht kommen lassen“, betont Waibel. „Deshalb müssen wir die Rohre tiefer legen, mit mehr Abstand zu Fremdleitungen, möglichst im Schatten.“ Die Entsiegelung von Flächen und die Bewässerung von Bäumen sollen zusätzlich helfen, die aktuelle Wasserqualität zu erhalten und die Stadt in Hitzeperioden zu kühlen. Waibel ernst: „Wir müssen heute die Weichen für morgen stellen.“  

Lohnende eigene Wassererzeugung  

Der dritte Punkt betrifft den Wasserpreis – oft ein heikles Thema. Doch die SWP wollte Gewissheit: Was kostet sie die aufwendige Wasserproduktion? Das Ergebnis bestätigte ihren Wunsch, die Eigenversorgung zu erhöhen. „Unser Wasser aus dem Grösseltal ist samt Aufbereitung um ein Drittel günstiger als eingekauftes Bodenseewasser.“ Nach fünf Jahren hat die SWP kürzlich den Wasserpreis auf 2,95 Euro pro Kubikmeter angehoben. „Damit liegen wir im Mittelfeld Baden-Württembergs“, sagt Waibel und öffnet die Tür der Wasserkammer. Erneut empfängt uns Maschinenlärm. Wenig später stehen wir vor dem Wasserwerk. „Die Herausforderungen bleiben“, sagt Waibel beim Abschied. „Immer mehr Gemeinden aus dem Umland bitten uns, ihre Betriebsführungen zu übernehmen. Was wir dringend brauchen, sind Fachkräfte, mit denen wir künftig all die Aufgaben bewältigen können.“ 

Facts 

• 2 Wassermeister und 5 Fachkräfte sichern an 365 Tagen den Betrieb im Wasserwerk Friedrichsberg. 

• 2018 wurde die hochtechnologische Wasseraufbereitungsanlage eingeweiht. 

• 11 Millionen Liter Wasser werden an heißen Sommertagen nach Pforzheim gepumpt. 

70 Prozent des Trinkwassers für die Region soll bis zum Jahr 2030 aus der Region kommen, so die SWP-Strategie. Eine zentrale Rolle dabei spielt die hochmoderne Wasseraufbereitung im Wasserwerk Friedrichsberg. 

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