PV-Anlagen auf Wohneigentum haben 2023 einen Boom erlebt. Großprojekte laufen ebenfalls nicht schlecht. Aber auch Anlagengrößen dazwischen sind lohnende Investitionen. Um die Klimaziele zu erreichen, werden PV-Projekte in sämtlichen Größenordnungen gebraucht.

„Wir haben heute mehr Projekte in Umsetzung, als wir in den letzten zehn Jahren angeschlossen haben“, schildert Thomas Walther, Geschäftsführer der Thüga Erneuerbare Energien, die aktuelle Situation. „Die Kapazitäten bei Personal und Material setzen uns allerdings derzeit klare Grenzen.“ Die Zahlen der Bundesnetzagentur bestätigen Walthers Sicht der Dinge: Bis Jahresende 2023 wurden 14,1Gigawatt (GW) auf Dächern und Freiflächen neu installiert, 2022 waren es 7,5 GW. Treiber dieses Trends ist der Eigenheimsektor; bundesweit machten Wohngebäude mehr als 50 Prozent des PV-Zubaus aus.

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Ausgezeichnet: Das Bremer Weserstadion erhielt den Deutschen Solarpreis.

Energiewende in allen Größen interessant

„Um die Klimaziele zu erreichen, brauchen wir Solarprojekte in sämtlichen Größenordnungen“, sagt Alexander Hellmann, Leiter des Thüga-Kompetenzteams Erzeugung. Typische Eigenheim-Aufdachanlagen bringen eine Leistung von wenigen Kilowatt (KW); größere auch mal zehn oder zwölf KW, also 0,01 bis 0,012 Megawatt (MW). Hellmann: „Für viele Projektentwickler sind Projekte erst ab einer Leistung von 20 MW interessant.“ Bei Großprojekten ist das Auftragsvolumen so, dass Kosten für Bebauungsplanung, Bauantrag, Aufsetzen von Verträgen mit Lieferanten und Abnehmern oder Anbindung an das Mittelspannungsnetz in einem vernünftigen Verhältnis stehen. „Trotzdem ist es sinnvoll, sich mit Anlagen im Leistungsspektrum dazwischen zu beschäftigen“, betont Hellmann. „Es gibt sehr viele Flächen, die für Anlagen bis 20 MW attraktiv sein können“ – Lagerhallen, Logistikzentren, Parkplätze, Problemäcker genauso wie Flächen an Verkehrswegen.

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Wichtige Verkehrsverbindung, aber auf der Südseite auch Standort einer Solaranlage: die 394 Meter lange Kennedybrücke über den Rhein in Bonn.

Kennzahlen und Geschäftsmodelle

„Unser Auftrag als Thüga ist es, Partnerunternehmen gerade auch bei diesen PV-Projekten zu unterstützen“, sagt Hellmann. So schafft der PV-Leitfaden der Thüga eine Wissensbasis für die Gruppe, indem er die wesentlichen Regelungen des EEG zusammenträgt, Kennzahlen liefert und mögliche Geschäftsmodelle beschreibt. „Wir bewerten bei Bedarf aber auch konkrete Projektanfragen“, so Hellmann. Wer die regulatorischen Rahmenbedingungen im Blick hat, kann eine in Frage kommende Fläche gezielt nach förderfähigen Komponenten gliedern und so die energiewirtschaftliche Bilanz optimieren.

Viele Stellschrauben für Projekte

Grundsätzlich rät Hellmann, die Investition in eine Anlage immer zusammen mit den in Frage kommenden Geschäftsmodellen zu betrachten. Das biete unterschiedliche Freiheiten, für alle Beteiligte – Anlagenbetreibende, Flächenbesitzende, Kommune, Bürgerinnen und Bürger – die optimale Lösung zu finden. „Die Frage nach Eigenverbrauch, Direktstromlieferung oder Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz, Vertragslaufzeiten, die Höhe von Pachtzahlungen oder garantierte Abnahmemengen und -preise – all das sind mögliche Stellschrauben, über die sich Projekte feinabstimmen lassen“, sagt Hellmann. „Bei dieser Gegenüberstellung unterstützen wir mit unseren Kalkulationstools.“ So können das lokale Logistikzentrum oder ein Verein gegen Pacht ihre Dachflächen zur Verfügung stellen, vergünstigt Strom beziehen und nach Ablauf der Pachtzeit die Anlage selbst übernehmen.

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Doppelnutzen: In Freiburg betreibt die badenova eine Vino-PV-Anlage über Reben.

Umweltverträgliche Einbettung von Anlagen

Wolf-Uwe Schmidt von der enercity Erneuerbare GmbH hat Projekte oberhalb der 20 MW im Fokus und rund 30 Projekte in Arbeit. Schmidt: „Hier sind allein schon die Genehmigungsverfahren eine Herausforderung.“ Etwa die Hälfte der Projekte wird auf privilegierten Flächen geplant. Entsprechend wurden für drei davon schon Bauanträge eingereicht. Für die andere Hälfte werden Bebauungspläne nötig sein. Schmidt: „Die Privilegierung bringt eine klare Vereinfachung, keine Frage. Trotzdem sind aufwendige Umweltuntersuchungen nötig, die deutlich Geschwindigkeit aus der Planung und der Umsetzung herausnehmen können.“ Schmidt weist darauf hin, dass PV-Anlagen durchaus sehr positive Effekte auf die Umwelt haben können. Dünger- und Pestizideintrag sinken auf null, und bei geschickter Anordnung der Paneele kann die Stromgewinnung etwa mit Schafhaltung kombiniert werden. Ganz unabhängig von der Planung sind es jedoch die Lieferzeiten für technische Großkomponenten wie etwa Transformatoren, die Projekte klar verlangsamen. Schmidt: „Selbst wenn alle Beteiligten in den Behörden ihre Hausaufgaben zügig erledigen, Umspannwerke und Transformatoren bekommen wir eben nicht im Handumdrehen beschafft.“

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