Deutsche Verteilnetzbetreiber (VNB) erarbeiten einen ersten Gasnetzgebietstransformationsplan. Damit signalisieren sie, dass sie die Dekarbonisierung ihrer Netze mit Wasserstoff & Co. anstreben. Interessierte VNB können 2023 in das Projekt einsteigen.

Sie machen Ernst: Seit März 2022 analysieren 180 VNB ihre Netze mit dem Ziel, sie auf klimaneutrale Gase umzustellen. Aus den eingereichten Planungsdaten erstellte H2vorOrt einen flächendeckenden Gasnetzgebietstransformationsplan 2022 (GTP) für Deutschland. Zusammen decken die VNB damit schon in der ersten Planungsrunde die Mehrheit der Netzanschlüsse und Verteilnetzkilometer in Deutschland ab. „Das war aber nur der erste Schritt. In den kommenden Jahren werden die VNB ihre Analysen vertiefen“, sagt Florian Leber vom Kompetenzcenter Netze und Regulierung, der die Thüga beim GTP-Prozess von H2VorOrt vertritt. „Bis 2025 sollen dann investitionsfähige Planungen stehen“.

Wasserstoff fest eingeplant

Welche Kunden haben welchen Bedarf an Wasserstoff, wie steht es mit dessen Erzeugung und Lieferung? Sind die Netze technisch geeignet für Wasserstoff? Antworten erarbeiten die VNB in einem strukturierten, mehr-jährigen Prozess. Sie berücksichtigen dabei auch die Planungen von Betreibern von Fernleitungsnetzen und dezentralen Erzeugungsanlagen. Was sich schon jetzt zeigt: Rund die Hälfte der Teilnehmenden rechnet damit, dass sie bis 2030 regulär Wasserstoff in ihre Gasverteilnetze einspeist. „Das hohe Ambitionsniveau hat uns durchaus überrascht, zeigt aber die große Bereitschaft, die Transformation der Gasverteilnetze ernsthaft und schnell anzugehen“, so Leber. Ab 2030 gehen die VNB von einer sukzessiven großflächigen Umstellung auf 100 Prozent H2 in ihren Netzen aus.

Wichtig für kommunale Wärmeplanung

Zusammen betreten die 180 VNB Neuland: In keinem anderen Industrieland weltweit gibt es vergleichbare konkrete Planungen für eine Umstellung der Gasverteilnetze. Die Thüga-Partnerunternehmen wirken dabei kräftig mit, etwa jedes Dritte beteiligt sich am GTP.

Nicht zu unterschätzen ist das politische Signal. „Die Verteilnetzbetreiber machen klar, dass sie ernsthaft an einer Umstellung arbeiten. Diese Botschaft geht nicht nur nach Berlin, sondern betrifft auch eine kommunale Wärmeplanung“, so Leber. „Mit einem GTP liefern Stadtwerke ihren Kommunen ein differenziertes Bild, an welcher Stelle eine Transformation vorhandener Netze sinnvoll ist und wo andere Lösungen Vorrang haben“.

Auch für die 65 Prozent-EE-Quote bei neuen Heizungen ab 2024 könnte ein GTP eine wichtige Rolle spielen. Thüga fordert, dass analog zur Fernwärmeversorgung ein zielkonformer Transformationsplan des Infrastrukturbetreibers anerkannt wird und damit ein Anschluss ans Gasnetz sowie die Nutzung von H2-ready Gasbrennwertthermen – zumindest als Hybridlösung – möglich bleibt.

Der GTP-Zug ist übrigens noch nicht abgefahren. „Verteilnetzbetreiber, die noch keine Planungen für ihre Netze eingereicht haben, sollten 2023 unbedingt einsteigen“, rät Leber.