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Bis Ende 2026 müssen Fernwärmeversorger ihre Transformationspläne zur CO2-Reduzierung vorlegen. Großwärmepumpen zur Wärmeerzeugung aus Abwasser sind ein vielversprechender Ansatz. Thüga-Partnerunternehmen prüfen bereits technische und wirtschaftliche Optionen und Herausforderungen.
Admir Hadzikadunic schaut zufrieden. „Es ist eine aufregende Zeit für Ingenieure“, sagt der Thüga-Experte aus der Erzeugung. „Gerade weil die Wärmewende neue Lösungen erfordert.“ Großwärmepumpen hätten großes Potenzial, den CO2-Ausstoß entscheidend zu reduzieren. „Flüsse und Abwässer haben eine relativ konstante Temperatur, sodass man ihnen über das ganze Jahr hinweg Wärme entziehen kann.“ Im Thüga-Arbeitskreis Dekarbonisierung Fernwärme tauschen sich die Teilnehmenden regelmäßig über aktuelle Projekte der Partnerunternehmen aus. Hadzikadunic: „Wir alle beschreiten Neuland und sind gespannt, was und wie es die Kolleginnen und Kollegen machen.“
Gemeinsam mit den Technischen Werken Ludwigshafen (TWL) und in enger Abstimmung mit der BASF planen die Stadtwerke Frankenthal den Aufbau einer Großwärmepumpe an der größten Kläranlage Deutschlands. Denn Frankenthal verfügt (noch) über kein eigenes Fernwärmenetz. „Unser Hauptenergieträger in der Wärmeversorgung ist nach wie vor Gas“, sagt Johanna Philippi, Leiterin Geschäftsfeldentwicklung. Der Aufbau eines neuen, dekarbonisierten Wärmenetzes sei daher ein „großer Schritt“, vor allem in der Innenstadt, wo elektrische Lösungen schwer umsetzbar sind.
Die Kläranlage, in der die Abwässer von BASF fließen, bietet ideale Voraussetzungen, um eine Großwärmepumpe zu nutzen: „Wir sprechen von 13.000 Kubikmetern gereinigtem Abwasser pro Stunde – ein enormes Potenzial“, sagt Philippi. Geplant sind zwei Ausbaustufen mit einer Gesamtleistung von 50 Megawatt. „Die Nutzung der Abwärme ist zudem ökologisch sinnvoll: Wir kühlen das warme Wasser des Rheins um etwa zwei Grad ab.“
Ein weiterer Vorteil: Die TWL versorgt bereits über ein Viertel der Haushalte in Ludwigshafen mit Fernwärme, über eine Stichleitung auch zwei Frankenthaler Einrichtungen. Philippi: „Wir werden im Zuge unserer Maßnahmen ebenfalls eine Transporttrasse bauen, die die bestehenden Netze in Ludwigshafen mit dem neuen Netz in Frankenthal verbindet.“
Ein zentraler Baustein für die Wirtschaftlichkeit ist die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Der Startschuss für die Umsetzung des Mega-Projekts hängt von der Förderzusage und der finalen Invest-Entscheidung ab. „Wir hoffen, dass wir Ende des ersten Quartals 2026 die Rückmeldung erhalten“, sagt Philippi. Die Inbetriebnahme der Großwärmepumpe und der Transporttrasse könnte bis Ende 2028 erfolgen.
Die Stadtwerke Würzburg AG (STW) geht bei der Planung ihrer Wärmewende nahezu von einer Verdopplung ihres Fernwärmenetzes und der Fernwärmeleistung aus. „Wir setzen aufgrund der Datenanalyse aus der kommunalen Wärmeplanung auf eine Großwärmepumpe am Auslauf der Würzburger Kläranlage“, sagt STW-Vorstand Armin Lewetz. Dort werden stündlich 2.000 Kubikmeter Abwasser gereinigt – mit einer konstanten Temperatur von mindestens 12 Grad Celsius. „Das ist eine gewaltige Menge, die sich hervorragend als Wärmequelle eignet.“ Berechnungen zeigen, dass eine Wärmepumpe mit etwa 30 Megawatt Wärmeleistung realisierbar ist. Zusätzlich plant die STW eine Flusswasserwärmepumpe, die den Main als Energiequelle nutzt. Kombiniert mit der Abwärme aus dem Müllheizkraftwerk, das bereits 50 Prozent der Fernwärme liefert, soll ein robustes, regeneratives Versorgungssystem entstehen. „Wir können damit die steigende Fernwärmelast ab 2030 decken“, sagt Lewetz’ Vorstands-Kollegin Dörte Schulte-Derne.
Die Standortfrage ist geklärt, das STW-Team hat zahlreiche Genehmigungsgespräche mit beteiligten Behörden und Ämtern geführt. Derzeit läuft die Ausschreibung der Planungsleistungen, im Frühjahr folgen sukzessive die unterschiedlichen Anträge auf Genehmigungs- und Ausführungsplanungen. „Wir rechnen damit, die Großwärmepumpe zwischen 2029 und 2030 in Betrieb zu nehmen“, sagt Lewetz. Die Bauzeit schätzt er auf rund zwei Jahre. Der Stadt stehen also in den kommenden Jahren umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen mit Lärm, Krach und Staus ins Haus. Schulte-Derne: „Umso wichtiger ist es uns, die Bürgerinnen und Bürger über die Entwicklungen des Projekts transparent zu informieren. Die Grundlage dazu bildet unsere enge Zusammenarbeit mit der Stadt hinsichtlich der Wärmeplanung.“
Auch eins energie in sachsen prüft mithilfe der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), ob die Nutzung von Kläranlagen-Ablaufwasser mittels einer Großwärmepumpe zu realisieren ist. Dr. Ulli Drescher von der eins-Stabsabteilung Energieprojekte/Versorgung: „Die potenzielle Wärmepumpe würde auf dem Gelände der Kläranlage installiert werden, eine Wärmeleistung von bis zu 48 Megawatt erbringen und könnte etwa 25 Prozent des Fernwärmebedarfs von Chemnitz decken.“ Doch eine Umsetzung ist herausfordernd: „Es könnte sein, dass die Chemnitz, unser Fluss, zu klein und damit zu empfindlich für zu große Temperaturschwankungen und -abweichungen ist“, sagt Drescher. Denn die Großwärmepumpe würde das in den Fluss geleitete Ablaufwasser deutlich abkühlen und die Wassertemperatur um mehrere Grad senken. Gutachten sollen nun klären, welche Folgen das für Tiere und Pflanzen hat.
Problematisch ist auch die Lage der Kläranlage am Stadtrand. Drescher: „Von dort müssten wir eine mehrere Millionen Euro teure Trasse bauen, um die Wärme ins Fernwärmenetz einzubinden, inklusive Querung eines Überschwemmungsgebiets, der Chemnitz, einer Autobahn und Bahnanlage.“ Doch es gibt auch eine gute Nachricht: „Nur 400 Meter entfernt verläuft eine 110-kV-Freileitung, die die Stromversorgung der Wärmepumpe sichern könnte“, sagt Drescher. Neben einem ökologischen Gutachten sind weitere Abstimmungen mit Behörden, dem Stromnetzbetreiber und Fördermittelgebern nötig, ebenso eine Wirtschaftlichkeitsrechnung. Drescher: „Noch gibt es keine Investitionsbeschlüsse. Alternativ prüfen wir auch den Einsatz einer Luftwärmepumpe und den Bau eines Abfallheizkraftwerks.“ Sollte die Wahl auf die Abwasser-Großwärmepumpe fallen, würde sie voraussichtlich 2030 ausgeschrieben und bis 2033 in Betrieb genommen.