Für das Erreichen der Klimaziele ist der zügige, drastische Umbau des Wärmesektors unabdingbar. Den gestaltet die Thüga aktiv mit – denn die Zeit drängt.

Text: Thorsten Rienth

In der politisch-gesellschaftlichen Debatte um die Energiewende stand in der Vergangenheit vor allem die Stromerzeugung im Vordergrund. Wer von erneuerbaren Energien sprach, hatte in der Regel Windräder oder Solaranlagen vor dem geistigen Auge. Dabei macht der Wärmemarkt mit rund 1.300 Terawattstunden pro Jahr mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland aus. Den Großteil des Wärmeverbrauchs decken aktuell Erdgas, Heizöl und Kohle. „Noch“, sagt Alexander Hellmann, Leiter des Thüga-Kompetenzteams Erzeugung in München. „Die Dekarbonisierung des Wärmesektors rückt mit gewaltiger Verspätung in den Fokus. Die für diese Transformation verbleibende Zeit ist nun mehr als herausfordernd.“

Klimaschutz-Urteile als scharfes Schwert

Denn während die Wissenschaft bereits seit mehr als 30 Jahren auf eine erforderliche Dekarbonisierung für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt hinweist, hat sich die politische Staatengemeinschaft erst 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen rechtsverbindliche Ziele zur CO2-Reduktion gesetzt. Noch einmal vier Jahre vergingen, bis die Bundesregierung 2019 diese Zielsetzung in das erste deutsche Klimaschutzgesetz goss und unter  anderem den Kohleausstieg beschloss. Dieses Gesetz reiche aber nicht aus, um die Ziele des Klimaabkommens zu erreichen, so die eingereichte Verfassungsbeschwerde eines Bündnisses aus Umweltverbänden und Einzelklägern. Dieser Beschwerde gab das Bundesverfassungsgericht im April 2021 recht, die CO2-Reduktionsziele wurden in einem neuen Klimaschutzgesetz weiter verschärft. „Urteile wie das des Verfassungsgerichts sind ein scharfes Schwert, das immer häufiger gezogen wird“, sagt Hellmann. „Der Ölkonzern Shell beispielsweise wurde im Mai 2021 dazu verurteilt, seinen CO2-Ausstoß in den nächsten zehn Jahren nahezu zu halbieren.“

Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2045

Die Klimaziele sind grundrechtlich verbindlich. So ist es nicht verwunderlich, dass der im Dezember 2021 unterzeichnete Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung das Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2045 als seinen Dreh- und Angelpunkt installiert. Ganz explizit führt der Vertrag Erdgas als unverzichtbar für den Übergang in ein zukünftiges Energiesystem auf. Bis die „Erneuerbaren“ die Versorgungssicherheit erfüllen, seien auch neue hocheffiziente Gaskraftwerke notwendig, die vorhandene Netzinfrastruktur müsse genutzt werden. Neue Gaskraftwerke sollten von Beginn an auch für den Betrieb mit Wasserstoff und klimaneutralen Gasen ausgelegt sein. „Das ist ein klares Bekenntnis zur effizienten Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für den Erhalt der Versorgungssicherheit und zum Erhalt wertvoller Infrastrukturen, wie dem sehr gut ausgebauten Gasnetz sowie Nah- und Fernwärmenetzen. Bei diesen Plänen gehen wir als Thüga ohne Abstriche mit“, sagt Hellmann. Darüber hinaus formuliert der Koalitionsvertrag klare Ziele. Bis zum Jahr 2030 sollen zum Beispiel 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden. „Der Weg dorthin wird extrem sportlich“, macht Hellmann klar. Denn bei der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sei noch nicht einmal die Hälfte geschafft. „2020 lagen wir bei gerade einmal 18 Prozent.“ Von der Politik erwartet man sich neben ambitionierten Zielen auch gezielte Fördermaßnahmen, wie eine Fortführung des KWK-Gesetzes oder der Aufstockung der Bundesförderung für effiziente  Wärmenetze.

Dekarbonisierung des Wärmesektors

Hellmanns Resümee: „Wir stehen vor einer Jahrhundertaufgabe. Die Dekarbonisierung des Wärmesektors ist nur zu schaffen, wenn rund 70 Prozent der Energieerzeugung begrünt werden. Zusätzlich muss der Endenergieverbrauch durch hocheffizienten Neubau und enorme Sanierungsmaßnahmen im Bestand um rund ein Drittel gesenkt werden. Diese Aufgabe ist nur zu meistern, wenn alle Player an einem Strang ziehen.“ Drei wesentliche Akteure für das Gelingen der Wärmewende sieht Hellmann: Kommunen, Energieversorger und Bürger:innen. Kommunen und Energieversorger müssen bei der kommunalen Wärmeplanung eng  zusammenarbeiten, um grüne, effiziente und bezahlbare Wärmelösungen möglich zu machen. „Bei der Wärmeversorgung gibt es keine allgemeingültige Lösung“, erklärt Hellmann. „Stets ist das komplexe Zusammenspiel aller Wertschöpfungsstufen unter den örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen: Ich muss die lokalen Erzeugungsmöglichkeiten, die vorhandene Infrastruktur und die Anforderungen der Kunden vor Ort kennen.“ Denn letztlich entscheiden Bürger:innen meist über den Preis, welche Wärmequelle zum Zuge kommt.

Dieser Artikel ist im Geschäftsbericht 2021 der Thüga erschienen, den Sie hier finden.