KI, künstliche Intelligenz, ist das neue Buzzword in der Energiewirtschaft. Jeder redet darüber, aber wissen alle wirklich Bescheid? Welche Auswirkungen KI auf die Energiewirtschaft hat.

Also: Was ist KI überhaupt und welche Auswirkungen hat sie auf unsere Arbeit? Antwort auf diese Fragen geben Florian Hagedorn, Julian Schauer, beide vom Thüga-Kompetenzcenter Innovation, sowie Jesko Schultes vom Thüga-Kompetenzcenter Digitalisierung & kaufmännische Beratung. Alle drei beschäftigen sich beruflich und privat mit dem Thema.

Was ist eigentlich Künstliche Intelligenz, kurz KI?

Hagedorn: Zuerst einmal: Wenn wir von KI sprechen, müssen wir zwischen einer schwachen und einer starken KI differenzieren. Zum jetzigen Zeitpunkt existiert nur eine schwache KI. Diese besteht aus Algorithmen, die auf Computern ausgeführt werden und nur spezielle Teilbereiche der menschlichen Intelligenz abdecken können, wie beispielsweise Bild-, Sprach- und Mustererkennung.

Wir reden also nicht über selbst denkende, sich selbst weiterentwickelnde KI?

Schauer: Nein, das wäre bereits eine starke KI. Diese wäre fähig, annähernd wie ein Mensch zu denken und intuitiv zu entscheiden oder Handlungen auszuführen. Von einer solchen KI sind wir nach meiner Einschätzung noch mindestens 30 Jahre entfernt.

Ist Machine Learning also eine schwache KI?

Hagedorn: Genau. Machine Learning oder Deep Learning ist ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz, mit dessen Hilfe IT-Systeme in die Lage versetzt werden, auf Basis vorhandener Datenbestände und Algorithmen Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.

Wo wird KI in der Energiewirtschaft eingesetzt?

Schultes: Überall da, wo man Prozesse automatisieren kann, die bislang mit hohem manuellen und maschinellem Aufwand betrieben worden sind. Zum Beispiel Zählerstände eintragen, Umzugsmeldungen verarbeiten, Abschlagszahlen verbuchen. KI eignet sich also für alle monotonen Standardmassenprozesse, die in den Stadtwerken regelmäßig anfallen.

Wird KI auch von der Thüga-Gruppe genutzt?

Hagedorn: Geospin, ein Start-up, an dem sich die Thüga beteiligt hat, setzt KI unter anderem dafür ein, passende Standorte für öffentliche Ladesäulen zu finden. Dafür ist die Analyse riesiger Datenmengen nötig, die ein Mensch niemals leisten könnte.

Welche Auswirkungen hat KI auf unser Arbeiten?

Schultes: Monotone Standardprozesse in allen Bereichen der Energiewirtschaft werden zunehmend durch KI ersetzt. Mitarbeiter werden ertüchtigt, diese KI zu bedienen und zu trainieren. KI kann durchaus helfen, den Personalmangel in den Stadtwerken und die Auswirkungen durch den demografischen Wandel aufzufangen.

Und wo hakt es noch?

Schultes: KI ist eine komplexe Technologie. Wir brauchen Experten. Vieles ist noch schwammig, nicht greifbar. Deswegen benötigen Unternehmen eine Vision und eine gehörige Portion Risikobereitschaft, um mit KI offensiv umzugehen. Denn ganz klar: Für eine Implementierung und Weiterentwicklung von KI müssen Unternehmen Geld in die Hand nehmen. Firmen wie Google, Facebook oder Amazon investieren seit Jahren in großem Maß in KI.

Welche Rolle spielt KI in der Thüga-Gruppe?

Hagedorn: Es gibt bereits mehrere Projekte mit KI: Neben Geospin wird auch im Smart Living-Projekt zum Beispiel die Disaggregation von Lastgängen mittels KI durchgeführt. Ich bin ein absoluter Befürworter von KI und überzeugt, dass Thüga von den Vorteilen profitieren wird. Schauer: KI wird unser Leben und Arbeiten erleichtern. Sie übernimmt Dinge, die uns lästig sind und uns Zeit und Nerven kosten. Schon jetzt informiert uns unser Smartphone, wann wir zu einem Termin aufbrechen müssen und ob die Bahn Verspätung hat. Mit KI haben wir mehr Zeit für Tätigkeiten, die uns beruflich herausfordern oder uns privat Spaß machen. Schultes: KI bietet unglaubliche Chancen. Außerdem bin ich der Meinung, dass man sich der Entwicklung hin zu KI gar nicht mehr in den Weg stellen kann.

Bei all den Chancen gibt es sicher auch Risiken?

Hagedorn: Eine große Herausforderung ist die Datenethik. Regeln müssen festlegen, was erlaubt ist und was nicht. Es darf nicht passieren, dass Entscheidungen von Algorithmen nicht mehr nachvollziehbar sind, gleichzeitig aber enorme Auswirkungen auf unser Leben haben! Die Bundesregierung hat eine Datenethikkommission eingesetzt, die bis Herbst 2020 Leitlinien zum Schutz des Einzelnen und der Gesellschaft entwickeln soll.