Eine Wärmestrategie stimmt die lokalen Verbrauchs-, Netz- und Erzeugungs­strukturen optimal aufeinander ab, erschließt erneuerbare Energien und Abwärme und priorisiert die Umsetzung von Maßnahmen. Ziel ist eine kosten­effiziente und umweltgerechte Wärme­versorgung. Der neue Thüga-Leitfaden Wärmestrategie gibt Hilfestellung. Wie genau, erklärt Projektleiter Andreas Hinz aus der Thüga-Netzstrategie.

Herr Hinz, was sind die Inhalte des Leitfadens?
Wir haben die Entwicklung des Wärmemarkts eingeschätzt und daraus Empfehlungen abgeleitet. Dabei haben wir uns die Kundenentscheidung für Heizsysteme und energetische Sanierungen angesehen sowie die Trends und Szenarien für die Sparten Strom, Fernwärme und Gas. Wir gehen langfristig von einer Reduzierung des Raumwärmebedarfs von 20 bis 30 Prozent aus. Außerdem werden elektrische Wärmepumpen ihren Marktanteil weiter steigern. Fern- und Nahwärme werden an Bedeutung gewinnen und bei der Gasinfrastruktur klimaneutrale Gase langfristig dominieren.

„Versorger sollten gemeinsam mit der Kommune
eine Wärmestrategie vorantreiben,
lokal­spezifische Lösungen spartenübergreifend entwickeln
und dabei die Transformation der Infrastruktur umsetzen.“

 

Und was leiten Sie daraus ab?
Alle Infrastrukturen befinden sich vor einem Transformationsprozess, wobei sie in Konkurrenz zueinander stehen. Nur durch eine spartenübergreifende, lokalspezifische Betrachtung können sie sinnvoll weiterentwickelt werden. Dies ist mit erhöhten Investitionen und Planungsaufwand verbunden, bei sinkendem Absatz und sinkender Eigenkapitalverzinsung in den regulierten Sparten. Eine große Herausforderung!

Wie sieht Ihre Hilfestellung für die Partnerunternehmen der Thüga aus?
Wir haben im Leitfaden insgesamt neun Empfehlungen erarbeitet und sind dabei, neue Arbeitskreise, Plattformlösungen und Beratungsangebote zu entwickeln. Die neun Empfehlungen sind zum Teil spartenübergreifend, zum Teil netzspezifisch oder beziehen sich auf bestimmte lokale Versorgungssituationen. Weiterhin beschreibt der Leitfaden, wie sich eine Wärmestrategie systematisch erarbeiten lässt.

Welche Erkenntnisse haben Sie im Projekt neu gewonnen?
Mir wurde noch klarer, dass sich die Versorger in einem Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Verpflichtungen, der Regulierung, der Umsetzung von Klimazielen und den Wünschen der Kommunen und Kunden befinden – das kann sie in ihren Freiheitsgraden einschränken und auch zu Zielkonflikten führen.

Haben Sie ein Beispiel?
Kommunen haben für die Versorgung von Neubaugebieten teilweise ganz konkrete Vorstellungen, in Bezug auf den energetischen Stand der Gebäude als auch auf die Erschließung mit einem Gas- oder Wärmenetz. Der Versorger ist durch den niedrigen Absatz und Anschlussgrad mit der Herausforderung konfrontiert, die Infrastrukturen preisgünstig bereitzustellen. Ein anderes Beispiel ist die hohe Kundennachfrage nach Gasanschlüssen und Erdgas. Seitens der Politik ist noch nicht klar, ob klimaneutraler Wasserstoff im Gebäudesektor verwendet werden soll. Die Regulierung erkennt die möglichen Kosten für die Umwidmung auf Wasserstoff bisher nicht an.

Was empfehlen Sie?
Versorger sollten gemeinsam mit der Kommune eine Wärmestrategie vorantreiben, lokalspezifische Lösungen spartenübergreifend entwickeln und dabei die Transformation der Infrastrukturen umsetzen. Mit unserem Leitfaden wollen wir sie dabei unterstützen.